Startprobleme bei Neufahrzeug stellen Sachmangel dar

OLG München, Urteil vom 26.10.2011 – 3 U 1853/11

Ein Neuwagen, der sich nicht problemlos starten lässt, ist keine vertragsgemäße Leistung und somit eine vom Verkäufer zu vertretende Pflichtverletzung (Rn. 23).

Bereits wiederholt spontan auftretende Startprobleme bei einem Neuwagen in einem zeitlichen Umfang von mindestens 5 Minuten bis zum Gelingen des Starts sind nicht unerheblich. Welcher Komfortklasse der Neuwagen zugerechnet wird, ist hierbei rechtlich unerheblich, da die Anlassfähigkeit eines Fahrzeuges keine Frage des Komforts ist, sondern bei einem Gegenstand, dessen wesentliche Funktion im Starten, Fahren, Parken, Starten, Fahren etc. besteht, von elementarer Bedeutung (Rn. 24)

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 19.04.2011, Az.: 7 O 2013/10, aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.854,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 9.517,84 seit 01.04.2010 sowie aus weiteren 336,86 EUR seit 05.02.2011 Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Fabrikat Kia, … Fahrgestell-Nr. …, amtliches Kennzeichen …, zu bezahlen.

III. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer II bezeichneten Kraftfahrzeuges in Annahmeverzug befindet.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von der von ihr im Zuge des zwischen den Parteien über das in Ziffer II genannte Kraftfahrzeug abgeschlossenen Kaufvertrages eingegangene Darlehensverpflichtung gegenüber der S. und C. Bank AG, Finanzierungs-Nr. …60, freizustellen.

V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Nebenintervenientin trägt ihre Kosten selbst.

VI. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VII. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Gegenstand des Berufungsverfahrens ist die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Neufahrzeug der Marke Kia und damit im Zusammenhang stehende Schadensersatzansprüche der Klägerin. Da die Klägerin zur Finanzierung des Kaufpreises auch einen Darlehensvertrag abschloss, begehrt sie die Freistellung von der hierzu eingegangenen Darlehensverpflichtung.

2

Hinsichtlich der einzelnen Schadenspositionen wird auf die Aufzählung der Klägerin im Schriftsatz vom 07.06.2010, Seite 12, sowie auf die Klageerweiterung im Schriftsatz vom 31.01.2011, Seiten 4 und 5, verwiesen.

3

Das Landgericht Traunstein hat die Klage mit Urteil vom 19.04.2011 abgewiesen.

4

Die Klägerin verbleibt bei ihrem erstinstanzlichen Vortrag und bringt unter Bezugnahme auf das erstinstanzlich eingeholte Sachverständigengutachten (Sachverständiger H., schriftliches Gutachten vom 06.01.2011, Anhörung im Termin vom 22.03.2011) vor, dass das von der Beklagten gekaufte Neufahrzeug aus unbekannten Gründen, in unregelmäßigen Abständen und zu nicht vorhersehbaren Zeitpunkten nicht bzw. nur mit Zeitverzögerungen bis zu 20 Minuten anspringe. Abgesehen von den vom Sachverständigen festgestellten Fehlversuchen des Startens mit einer Wartezeit von 1 bis 5 Minuten, bis es erfolgreich gelinge, das Fahrzeug anzulassen, habe die Klägerin auch längere Startversuchszeiten (ca. 10 Minuten, ca. 15 Minuten und ca. 20 Minuten) erlebt. So sei auch das Fahrzeug am 21.10.2010 nicht durch den herbeigeholten ADAC zu starten gewesen. Entsprechenden Beweisangeboten zur Länge der Startversuche und hinsichtlich des ADAC sei das Gericht nicht nachgegangen.

5

Davon unabhängig sei bereits der vom Erstgericht festgestellte Mangel nicht unerheblich im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB. Die diesbezügliche Wertung des Erstgerichts sei fehlerhaft, insbesondere sei für die nicht vorliegende Erheblichkeit die Beklagte beweisbelastet und nicht die Klägerin. Soweit das Erstgericht darauf abstellt, dass im konkreten Fall kein erheblicher Mangel vorliege, da die Klägerin das Fahrzeug vorzugsweise im Langstreckenbetrieb benutzt, hält die Klägerin diesen Gesichtspunkt für abwegig und bringt vor, dass die Klägerin bei ihren Langstreckenfahrten teilweise nicht mehr gewagt habe, auf Autobahnraststätten die Toilette aufzusuchen, da sie ansonsten befürchten musste, nicht rechtzeitig weiterfahren zu können.

6

Die Klägerin beantragt:

7

I. Unter Abänderung des am 19.04.2011 verkündeten und am 26.04.2011 zugestellten Urteils des Landgerichts Traunstein – Az.: 7 O 2013/10 – wird die Beklagte verurteilt, an die Klägerin EUR 9.854,70 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus EUR 9.517,84 seit 01.04.2010 sowie aus weiteren EUR 336,86 seit 05.02.2011 Zug um Zug gegen Übergabe des Fahrzeuges Fabrikat Kia, … Fahrgestell-Nr. …, amtliches Kennzeichen …, zu bezahlen.

8

II. Unter Abänderung des am 19.04.2011 verkündeten und am 26.04.2011 zugestellten Urteils des Landgerichts Traunstein – Az.: 7 O 2013/10 – wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des in Ziffer I bezeichnetes Kraftfahrzeugs in Annahmeverzug befindet.

9

III. Unter Abänderung des am 19.04.2011 verkündeten und am 26.04.2011 zugestellten Urteils des Landgerichts Traunstein – Az.: 7 O 2013/10 – wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin von der von ihr im Zuge des zwischen den Parteien über das in Ziffer I genannte Kfz abgeschlossenen Kaufvertrages eingegangenen Darlehensverpflichtung gegenüber der S, und C. Bank AG, Finanzierungs-Nr. …60, freizustellen.

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Die Beklagte und die Streithelferin beantragen:

11

Die Berufung wird zurückgewiesen.

12

Die Beklagte und die Streithelferin verteidigen das Ersturteil. Nach Darlegung der Beklagten habe keine zugesicherte Eigenschaft des Fahrzeugs des Inhalts bestanden, dass das Fahrzeug immer beim ersten Schlüsselumdrehen anspringe. Es handle sich um ein nicht ungewöhnliches technisches Verhalten eines Kraftfahrzeuges. Eine geringfügige Verzögerung beim Starten sei unerheblich. Die Beklagte und die Streithelferin halten den hier vorliegenden Mangel des Fahrzeugs für unerheblich gemäß § 325 Abs. 5 Satz 2 BGB. Die Streithelferin verweist insbesondere darauf, dass der BGH eine festgestellte Fehlerhaftigkeit einer doppelten Bagatellprüfung unterziehe. Es sei hierfür eine Abwägung der Interessen der Parteien vorzunehmen mit der Frage, ob es dem Käufer zugemutet werden könne, sich mit einer Minderung des Kaufpreises zu begnügen. Abzustellen sei insbesondere auf das Ausmaß der Minderung der Gebrauchstauglichkeit und des Wertes. Es sei danach zu fragen, ob der Käufer durch Wahl von Sonderausstattungen oder einer höheren Preisklasse gezeigt habe, dass er zusätzlich und mit Aufschlag bezahlten Mehrkomfort wünsche. Vorliegend könne nicht mit einem der teureren Klasse vergleichbaren Komfort gerechnet werden. Bei einer preisgünstigen Ware könne ein Käufer – in Abgrenzung zur Oberklasse – nur ein begrenztes Ausmaß an Komfort erwarten.

13

Die Beklagte bestreitet im Schriftsatz vom 30.08.2010, Seite 5, einzelne Schadenspositionen.

14

Hinsichtlich der Einzelheiten des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des erstgerichtlichen Urteils sowie die Schriftsätze der Parteien verwiesen.

15

Der Senat hat am 12.10.2011 mündlich zur Sache verhandelt. Insoweit wird auf das Protokoll vom 12.10.2011 (Bl. 144/147) Bezug genommen.

II.

16

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

17

Sie hat gemäß §§ 434 Abs. 1 Satz 2, 437 Nr. 2 und Nr. 3, 440, 323 Abs. 2 Nr. 1, 284 BGB Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages und auf Schadensersatz bezüglich verschiedener Aufwendungen (siehe 1.) sowie als weitere Schadensposition Anspruch auf die Freistellung bezüglich einer Darlehensverpflichtung (siehe 2.).

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Die Pflichtverletzung der Beklagten ist nicht unerheblich i.S.v. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB.

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1. Anspruch der Klägerin auf Zahlung von 9.854,70 EUR Zug um Zug gegen Übergabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs.

20

a) Das der Klägerin am 02.10.2009 verkaufte Neufahrzeug war mangelhaft, da es nicht frei von Sachmängeln war i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB. Bei Personenkraftwagen, insbesondere bei Neufahrzeugen, kann jeder Käufer erwarten, dass Startprobleme allenfalls nur kurzfristigst auftreten.

21

Nach Feststellung des Sachverständigen H. laut Gutachten vom 06.01.2011 wurde das Fahrzeug verschiedensten potentiellen Störquellen (I-Phone mit Navigation und vielfach anderes) ausgesetzt, wobei diese Störquellen ohne Einfluss auf die vom Sachverständigen durchgeführten Startversuche waren. Bei den an 10 Tagen zu unterschiedlichsten Temperaturen durchgeführten insgesamt 1.084 Startversuchen ergaben sich 7 fehlerhafte Starts, die nach Darlegung des Sachverständigen im Termin vom 22.03.2011 entsprechend dem Vortrag der Klageseite dadurch gekennzeichnet waren, dass in nicht beeinflussbarer Zeit das Starten erst nach mehrfachem Schlüsselumdrehen gelang. Beim Sachverständigen waren Zeiten bis zu 6 Minuten bis zum Start erforderlich. Die Ursache für den Mangel konnte der Sachverständige nicht finden, der Fehler trat ohne jeden erkennbaren Grund in nicht nachvollziehbaren Abständen auf.

22

Ein weitergehendes Ausmaß des Mangels – größere Wartezeiten bis zum Start bzw. keinerlei Start durch die Klägerin möglich – hat die Klägerin durch Pannenbelege des ADAC vom 09.01.2010 (K 8) und 10.04.2010 (K 20) nachgewiesen.

23

Ein Neuwagen, der sich nicht problemlos starten lässt, ist keine vertragsgemäße Leistung und somit eine vom Verkäufer zu vertretende Pflichtverletzung.

24

Umstände dafür, dass die Beklagte den Mangel nicht zu vertreten hätte, sind weder erkennbar noch von der Beklagten substantiiert vorgetragen. Dafür, dass es sich um eine den Rücktritt ausschließende unerhebliche Pflichtverletzung gemäß § 325 Abs. 5 Satz 2 BGB handeln würde, trägt die Beklagte die Beweislast. Ein derartiger Beweis kann von der Beklagten aufgrund des Gutachtens des Sachverständigen H. und den zur Beweiswürdigung herangezogenen ADAC-Belegen nicht gelingen: Bereits wiederholt spontan auftretende Startprobleme bei einem Neuwagen in einem zeitlichen Umfang von mindestens 5 Minuten bis zum Gelingen des Starts sind sicher nicht unerheblich. Ob zeitlich darunter liegende Verzögerungen beim Start auch nicht unerheblich im Sinne von § 325 Abs. 5 Satz 2 BGB wären, war hier nicht zu entscheiden. Welcher Komfortklasse der Neuwagen zugerechnet wird, ist hierbei rechtlich unerheblich, da die Anlassfähigkeit eines Fahrzeuges keine Frage des Komforts ist, sondern bei einem Gegenstand, dessen wesentliche Funktion im Starten, Fahren, Parken, Starten, Fahren etc. besteht, von elementarer Bedeutung. Die von der Beklagten bzw. deren Streithelferin zitierte Rechtsprechung/Literatur zum „Mehrkomfort“ ist für den verfahrensgegenständlichen Mangel nicht anwendbar. So ist auch von der Streithelferin nicht vorgetragen – und auch generell dem Gericht nicht bekannt -, dass sie das problemlose Starten bzw. unterschiedliche Wartezeiten bis zum Gelingen eines Starts bei ihren Kia-Fahrzeugen in die Preisgestaltung bezüglich des „Fahrzeugskomforts“ einrechnen würde, geschweige denn, dass sie dies für potentielle Kunden kenntlich machen würde.

25

Hinzu kommt, dass die jederzeitige, kurzfristigst mögliche Startfähigkeit eines Fahrzeugs nicht nur mit der Hauptfunktion des vorliegenden Kaufgegenstands (nämlich das Fahren mit einem Pkw, wozu das Starten des Fahrzeugs unerlässlich ist) in unmittelbarem Zusammenhang steht, sondern auch für die Verkehrssicherheit von entscheidender Bedeutung ist: Es gibt vielfach Situationen im Straßenverkehr, in denen ein Pkw angehalten und der Motor abgestellt wird (z. B. vor einer Bahnschranke; infolge eines Unfallgeschehens auch ohne Beteiligung des inkriminierten Fahrzeugs). Ein Pkw, der bei der wieder möglichen Weiterfahrt – vielleicht – erst nach 5 Minuten gestartet werden kann, stellt für den Lenker des startunfähigen Fahrzeugs und auch für andere Verkehrsteilnehmer einen erheblichen Risikofaktor dar. Das Fahrzeug wäre nämlich ein stehendes Hindernis im öffentlichen Straßenraum. Schon aus diesem Grund ist die Argumentation des Landgerichts, dass der vorliegende Mangel im Langstreckenbetrieb nicht so gravierend sei, nicht zielführend. Abgesehen davon wurde das Fahrzeug von einer Privatperson ohne jegliche Sondervereinbarung (keinerlei Vereinbarung in dem Sinne „nur tauglich für Langstrecke, da Startprobleme zu erwarten“) gekauft.

26

b) Ob das Schreiben der Klägerin vom 06.02.2010 (K 16) eine Fristsetzung nach § 323 Abs. 1 BGB darstellt, kann dahinstehen, da die Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich ist: Die Leistung wurde ernsthaft und endgültig verweigert. Die Klägerin hat mehrfach den Mangel bezüglich des Startens gerügt, die Beklagte hat sich darauf zurückgezogen, dass sie den Mangelpunkt zwar überprüft hätte, aber alles funktioniert habe (Schreiben der Beklagten vom 06.02.2010, K 15). Auch im Prozess wird von der Beklagten ein Rücktrittsrecht der Klägerin verneint. Die Beklagte bzw. die Streithelferin halten das Problem beim Anlassen bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug schließlich nur für eine Frage des Komforts und bei einer niedrigeren Preisklasse für ein vom Käufer hinzunehmendes Phänomen.

27

c) Bezüglich der Höhe des klägerischen Zahlungsanspruchs orientieren sich die Ausführungen an der Enumeration in den Schriftsätzen der Klägerin vom 07.06.2010 (Bl. 12 d. A.) und vom 31.01.2011 (Bl. 85/86 d. A.).

28

aa) Die Klägerin leistete unstreitig eine Anzahlung von EUR 9.000,–.

29

bb) Winterreifen EUR 449,–.

30

Dass die Beklagte die Anschaffung von Winterreifen für 449,– EUR für das streitgegenständliche Fahrzeug bestreitet, ist nicht nachvollziehbar, da diese Position im Kaufvertrag (K 1) zusätzlich zu dem zuvor aufgelisteten Gesamtbetrag von 21.025 EUR enthalten ist: „Ein Satz Winterräder 449,– EUR inkl. Montage“. Da der Klägerin das Rücktrittsrecht für das streitgegenständliche Fahrzeug zusteht, sind die für das Fahrzeug angeschafften Reifen eine erstattungsfähige vergebliche Aufwendung.

31

cc) Bezahlte Finanzierungsrate EUR 1.197,34.

32

Die von der Beklagten bestrittene Zahlung wurde von der Klägerin mit den Anlagen K 2 und K 28 nachgewiesen.

33

dd) Zulassungskosten EUR 36,50, Kosten für Kfz-Kennzeichen EUR 30,– und Feinstaubplakette EUR 5,–.

34

Bezüglich vorgenannter Positionen liegt ein unsubstantiiertes Bestreiten bezüglich des Anfalls der Kosten vor. Die 3 Positionen sind regelmäßig für die Zulassung und den Fahrbetrieb anfallende Kosten, die im üblichen Rahmen liegen.

35

ee) Fiktive Garagenmiete für Januar 2011 EUR 30,–, für das Fahrzeug bei der Beklagten gekaufte Radzierbleche EUR 47,98 (K 31), Kosten für die Außerbetriebsetzung des Fahrzeugs EUR 5,60 (K 32), Kosten der 20.000 km-Inspektion EUR 253,28 (K 33).

36

Für sämtliche sich auf EUR 336,86 summierende Positionen der Klageerweiterung – die schlüssig und entweder belegt oder bezüglich der Garagenmiete nach § 287 ZPO zutreffend schätzbar sind – liegt kein substantiiertes Bestreiten vor.

37

ff) Die von der Klägerin abgezogene Nutzungsentschädigung in Höhe von EUR 1.200,– ist zutreffend ermittelt.

38

Die Klägerin trägt unbestritten eine Gesamtfahrleistung von 13.500 km vor und bringt vor, dass 2.300 km von ihr allein für Fahrten von und zu Werkstätten zum Zwecke der Nachbesserungsversuche aufgewendet wurden. Die Beklagte meint hierzu, dass kein Abzug von 2.300 km vorzunehmen sei, da das Fahrzeug nicht mangelbehaftet gewesen sei und der Klägerin demzufolge kein Rücktrittsrecht zustehe.

39

Abgesehen davon, dass ein zum Rücktritt berechtigender Mangel vorliegt (siehe 1. a), liegt eine substantiierte Darlegung bezüglich des Abzugs von 2.300 km im Schreiben der Klägerin vom 07.03.2010 an die Beklagte (K 18), worin sie ihre Fahrten zu den jeweiligen Kfz-Werkstätten benennt. Unter Berücksichtigung des Wohnorts der Klägerin einerseits und den Firmensitzen der Beklagten, der Fa. S. GmbH und der Fa. Auto G. GmbH andererseits, ist der von der Klägerin in ihrer Rechnung zugrunde gelegte Abzug von 2.300 km plausibel und wird demzufolge gemäß § 287 ZPO zur weiteren Berechnung in dieser Höhe geschätzt.

40

Bei einem Kaufpreis von 21.085,– EUR, gefahrenen 11.200 km (13.500 – 2.300 km) und unstreitig zu erwartender Gesamtlaufleistung von 200.000 km ergibt sich unter Verwendung der Formel „Bruttokaufpreis x gefahrene km, geteilt durch Gesamtlaufleistung“ eine Nutzungsentschädigung von 1.180,– EUR; die Klägerin lässt sich 1.200,– EUR anrechnen.

41

gg) Die Addition/Subtraktion der unter aa) bis ff) dargestellten Beträge führt zu einer Forderung der Klägerin in Höhe von 9.854,70 EUR.

42

d) Ein Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

43

Für die Forderung in Höhe von 9.517,84 EUR beginnt der Zinslauf mit dem Verzug der Beklagten ab 01.04.2010 (Frist wurde bis 31.03.2010 vom Klägervertreter gesetzt). Hinsichtlich des weiteren Betrages in Höhe von 336,86 EUR läuft die Verzinsung aufgrund der Zustellung der Klageerweiterung am 04.02.2011 ab 05.02.2011.

44

e) Die beantragte Feststellung des Annahmeverzugs bezüglich der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs war auszusprechen, da die Beklagte der Rückabwicklungsaufforderung der Klägerin nicht nachkam.

45

2. Teil des Schadensersatzanspruches der Klägerin ist die Freistellung der Klägerin von der von ihr im Hinblick auf die Kauffinanzierung des streitgegenständlichen Fahrzeugs eingegangenen Darlehensverpflichtung bei der S. und C. Bank.

46

Der unter Beteiligung der Beklagten geschlossene Darlehensvertrag (K 2) wurde vorgelegt. Der Freistellungsanspruch ist im Übrigen – abgesehen von dem nach Auffassung der Beklagten nicht vorliegenden Rücktrittsgrund – unstreitig.

47

3. Der Kostenausspruch ergibt sich aus § 91 ZPO (Beklagte) und § 101 ZPO (Nebenintervenientin).

48

Die Entscheidung zur Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

49

4. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

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